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25.05.2011 von eb , - Aktuelle Bilder

Neuland.

Aus der Reihe: Der Kirchenplanet, Teil 11


DIN-A4 Acryl   Zum Vergr. anklicken.



Während die anderen noch auf dem Rückweg zur Fähre waren, bereiteten Mike und Linda alle bisher erhaltenen Daten auf und übermittelten sie Jeremia, ihrem Kontaktmann auf dem Raumschiff im Orbit. Dort schlugen die neuen Informationen und vor allen Dingen die Bilder ein, wie eine Bombe. Jeremia überlegte gar nicht erst weiter wie er strategisch am besten vorgehen solle um Stefan, - den mittels Waffengewalt selbst ernannten neuen Anführer von seinen wahnsinnigen Plänen abzubringen. Er verteilte den von Mike und Linda recht flüssig und mit Bildern aufbereiteten Bericht einfach als Gesamtmeldung für Notfälle über die Bordkommunikation. Auf diese Art konnte er sicher sein, dass sie auch jeder an Bord mitbekommen hatte. Danach versammelte er zuerst die Priester um sich, die er eindeutig auf seiner Seite wähnen konnte, - um dann mit der gesamten Gruppe an allen Quartieren und Räumen vorbei zu ziehen und die Unsicheren mit zu nehmen. Angesichts einer dermaßen anwachsenden Menschenmenge fühlten sich auch die Ängstlichsten in der Lage, um der im Vergleich winzigen Gruppe um Stefan trotz deren Waffen entgegen zu treten.

Irgendwelche Befürchtungen diesbezüglich, waren aber eigentlich gar nicht mehr nötig. Angesichts der neuen Möglichkeiten auf dem Planeten, besaß Stefan keinerlei Argumentationsgrundlage mehr für seine Pläne, das Raumschiff mit den Menschen darin, als Gottes Kolonie im Himmel in das Nirgendwo zu schicken. Wortlos gaben drei seiner fünf Anhänger, bereits schon beim Zusammentreffen im Hauptversammlungsraum, ihre Waffen ab und stellten sich demonstrativ zu den anderen. Stefan lamentierte noch eine ganze Weile herum und versuchte, angesichts der Bilder vom gehörnten Hufenmann, in den katholischen Urängsten der anderen herum zu rühren. Was ihm aber ausgerechnet den Zorn derer zu zog, auf deren Zuspruch er selber gehofft hatte. Jene, - die unverändert jede Kritik am eigenen weltherrlichen Glaubensanspruches und ihrer Mission einfach ausblendeten. Die waren alles andere als begeistert von der Vorstellung, der einmaligen Chance mit Flucht ins All zu begegnen, - ausgerechnet dem Teufel den rechten Glauben beibringen zu können. Jeremia war ein wenig unwohl bezüglich dieser Argumentationen. Denn im Gegensatz zu den anderen, kannte er auch Judiths detailliertere Erzählungen bezüglich der Begegnung mit dem Wesen aus der Schlucht. Aber die Situation reichte, um Stefan und seine letzten zwei Anhänger friedlich zur Aufgabe zu bewegen.

Vor Jeremias hohem Alter und besonnener Art, hatte dagegen fast jeder der anderen Respekt. Was wohl zusätzlich zu den Ereignissen dazu führte, dass ihn noch am gleichen Tag, eine große Mehrheit zum vorläufigen Wortführer der Gemeinschaft wählte. Und er erwies sich im Laufe der folgenden Tage, als ausgesprochen guter Redner und Organisator. Er schaffte es dabei nicht nur, die besonders trennfähigen Anhänger von Himmel und Hölle zu überzeugen die Dinge hinsichtlich dämonischer Ähnlichkeiten etwas differenzierter zu betrachten. Sondern auch einen gewaltigen Arbeits- und Themenplan an Diskussionen für die nächsten Wochen zu erarbeiten und diesen versuchsweise so gerecht wie möglich an entsprechende Freiwillige zu verteilen. In erster Linie betraf dies, die bisher gewonnenen Erkenntnisse über ein mögliches Leben in der Schlucht und die praktischen Begebenheiten. Dabei spielte der Umstand, dass man aufgrund des durch die eiförmigen Wesen verursachten Energieabfalles, wohl ein Leben ohne elektrische Hilfsmittel führen müsse genauso eine Rolle, wie Nahrung, Klima, Sicherheit bzw. Kontaktpflege mit den Ureinwohnern, als auch alle anderen Aspekte der momentan vorliegenden Erkenntnisse. Aber auch Glaubensfragen, Ängste, Weltsichten, Zukunftsvorstellungen auf dem Planeten-, des Schiffes und das Schicksal der noch in den Kälteschlafkammern befindlichen Menschen sowie der generelle Zusammenhalt der Gemeinschaft, wurden behandelt.

Es vergingen einige Tage, bis sich auch die letzten der an autoritäre Vorgaben gewöhnten Priester in eine für sie neue, aber relativ gleichberechtigte Vorgehensform einbrachten. Aber es zeigte Wirkung. Einige waren so interessiert, dass sie sich mitunter noch spät abends von Diskussion zu Diskussion schleppten um zuzuhören oder sich selber zu beteiligen. Die zwölf Menschen auf dem Planeten wurden offiziell zum Erkundungsteam erklärt, von deren neuen Informationen man dringend abhängig war. Zwischenzeitlich hatte man mittels Judiths und Helgas Systematik zum Scannen des Planeten, sogar noch zwei andere Grabeneingänge mit ähnlichen atmosphärischen Auffälligkeiten bezüglich Sauerstoff entdeckt. Ein kurzer Abstecher der Landetruppe zu einem davon, ergab auch hier atembare Luft und Pflanzenwuchs. Aber bevor man nun von Schlucht zu Schlucht zog um lediglich nur Stichproben zu sichten, entschied man sich die Erkundigungen dort zu vertiefen, wo man sie auch begonnen hatte.

Neue Sensationen, lieferte eine fast zweiwöchige Wanderung ins Innere der Schlucht. Hier fand sich neben bisher noch nicht gesichteten Kleintieren nicht nur eine weitaus größere Vielfalt von Pflanzen, wozu sogar eine Art Wald aus eigentümlich gefärbten baumartigen Gewächsen gehörte. Sondern auch eine ganze Ansiedlung der dämonenhaften Wesen. Diese lebten nicht in Hütten oder Häusern, sondern anscheinend familienabhängig in Hohlräumen, welche in Bodennähe in die Wände der Schlucht gegraben waren. Ohne selber gesehen zu werden, beobachteten die Menschen die Siedlung eine Weile mit einem alten optischen Fernglas aus sicherer Entfernung heraus. Trafen aber auf dem Rückweg, auf eine vierköpfige Gruppe, derer sie nicht ausweichen konnten. Dabei schienen den Größenordnungen nach, zwei davon Kinder zu sein. Die dabei gemachten Bilder, nahmen auch den letzten dämonischen Urängsten ihren Schrecken.

Vom ersten Zusammentreffen mit einem dieser Wesen bereits geprägt, setzten Judith und Daniel sicherheitshalber das breiteste Grinsen auf, welches sie zu Wege brachten. Da Judiths erste Probe, der von den eiförmigen Milchkühen abgegebenen Flüssigkeit ohne jede Folgeerscheinungen geblieben war, beteiligte sich nun die ganze Erkundungstruppe am fleißigen Herumreichen von Schalen und Bechern. Eine Analyse der Flüssigkeit hatte übrigens auch für die Menschen, einen wahrhaft überdurchschnittlichen Nährwert ergeben. Das Zeug war nicht nur sehr vitaminreich, sondern eine echte Energiebombe. Ob die Körperkräfte der behuften Wesen damit zusammenhingen, war wohl diskussionswürdig. Jedenfalls hatte es etwas Eigentümliches an sich, nach dem Abschied, der ähnlich verlief wie das erste Zusammentreffen, zwei kleinen fröhlichen und kindlich hüpfenden Dämonen nach zu sehen, die vor Kraft und Energie schier platzen wollten.

Nach mittlerweile drei Monaten voll mit Gesprächen und Diskussionen, hatte sich die Raumschiffbesatzung auffallend geändert. Aus einer zusammenhanglosen Schar frustierter, apathischer oder sonst wie an Glaubens- oder Weltbildern nagender Aussichtsloser, war eine vielseitige, aber tolerante und gefestigte Gemeinschaft geworden. Zum Abstimmen der endgültigen Pläne und Entscheidungen, kamen auch die zwölf Menschen der Landegruppe an Bord des Raumschiffes. Der Umstand, dass Linda mittlerweile schwanger war, löste anstatt der ihrerseits erwarteten Kritik einen zusätzlichen Motivationsschub aus. Selbst Stefan, der ehemalige Anhänger gottgefällig durchs Weltall fliegender Geburtsstätten, überraschte durch ehrliche Freude über das erste Kind einer ganz eigenen Schicksalsgemeinschaft im zukünftigen Neuland. Überhaupt bezeichnete sich die Mehrzahl der Männer, mittlerweile als "ehemalige" Priester. Es gab zwar immer noch einen Teil, welcher an gewohnten dogmatischen Glaubensregeln festhalten wollte, aber dies unter dem gegenseitigen Einvernehmen, keinerlei autoritäre Ansprüche damit verbinden zu wollen.

So waren die Entscheidungen zugunsten der gemeinsam akzeptierten Kompromisse fast eindeutig. Die wichtigste und auch die ohne jegliche Gegenstimme war wohl jene, generell auf den Planeten um zuziehen. Dabei hatte man sich auf einen Seitenarm der Schlucht geeinigt, dessen Eingang ungefähr in der Gegend des ersten Zusammentreffens mit dem gehörnten Wesen lag. Optisch wirkte er ein wenig wie ein irdisches Tal, war aber bei aller Weiträumigkeit zu allen Seiten noch übersichtlich. Eventuelle Besucher konnten zumindest schon von weitem gesehen werden. Die Entfernung zur gefundenen Siedlung der Einheimischen betrug ca. eine Wochenwanderung. Genug Raum und Möglichkeiten, für vorsichtige Annäherungen und weitere Erkundungen. Für die meisten der Männer, war dies beim mittlerweile vorherrschenden Verlust zölibatärer Akzeptanz, immerhin eine Entscheidung für einen doch recht frauenlosen Lebensabend. Damit, hatten sie allerdings schließlich auch schon vorher gerechnet. Irgendwelche schlüpfrigen Bedingungen oder Vorschläge in Richtung der lediglich fünf Frauen, fielen deshalb auch nur selten. Und zwei davon, hatten sich sowieso bereits entschieden.

Da man nicht wusste, was nach 300 Jahren auf der Erde für Zustände herrschten oder ob das Raumschiff den Rückflug überhaupt schaffen würde, hatte man sich bezüglich der noch in den kryonischen Behältern befindlichen Menschen, auf eine besondere Vorgehensweise geeinigt. Sobald sich in der Schlucht eine Ansiedlung ergeben würde, welche die stabile Betreuung der zwecks Erinnerungsverlusten hilfs- und zuwendungsbedürftigen davon erlaubte, sollten diese aufgetaut und geholt werden. Für die Toten, würde es ein Sammelbegräbnis geben. Wofür aber ebenfalls erst einmal die Bedingungen für einen geeigneten Platz geprüft werden mussten. Judith, als einzige Pilotin, hatte übrigens mittlerweile damit begonnen, Daniel und Helga den Umgang und das Fliegen mit der Landefähre beizubringen. Für alle Fälle, wie sie meinte. Gelegenheit für Unterricht bot sich die nächsten drei Wochen genug. Jeremia hatte nämlich einen akribisch genauen und sehr umfangreichen Lade- und Transportplan für den Umzug ausgearbeitet.

Der erste Flug brachte erst einmal zwanzig Personen an die geplante Siedlungsstelle. Worunter sich, zwecks erster Einweisungen und Erklärungen, neben Simon noch fünf andere aus der ersten Erkundungsgruppe befanden. Deren Aufgabe war es, die Fähre bei jedem Anflug schnellst möglich zu entladen und ansonsten bereits schon mit dem Aufbau der ersten Wohncontainer zu beginnen. Da am Zielort der Energieabfall bedeutend höher war als am ersten Landeplatz näher am Grabeneingang, war für Anflug und Entladung ein Sicherheits-Zeitfenster von maximal drei Stunden und ein tägliches Aufladen und Auswechseln von Haupt- und auch den Reserve-Energiespeichern vorgesehen. Für alle Notfälle waren auch noch die zusätzlichen Reservespeicher vorhanden, welche Judith anfangs ganz am Rande des Schluchteneinganges gelagert hatte. Sollte der Energieverlust gefährliche Formen annehmen, welche einen Rückflug zum Raumschiff in Frage stellten, war immer noch ein Zeitfenster für einen Notflug zum Speicherwechseln an diese Stelle vorgesehen.

Doch die logistische Planung und Ausführung funktionierte einwandfrei. Jeden Tag konnten drei Flüge absolviert werden, welche erstmal alles an Containern, Werkzeugen und sonstigen benötigten Materialien zum Zielort transportierte. Unter Judiths Aufsicht und mit den Möglichkeiten vom Copilotensitz jederzeit eingreifen zu können, übernahmen bereits schon nach der ersten Woche auch Daniel und Helga abwechselnd den Pilotensitz. Da die Bodenmanschaft mit dem Erbauen der Container ebenfalls Schritt halten konnte, war es Jeremia möglich seine Planung dahingehend zu modifizieren, dass bei jedem Flug bereits schon weitere Personen mit fliegen konnten. Was die Arbeit beim Aufbau der Container kontinuierlich mit beschleunigte und schon während der Aufbauphase, keinen im Freien schlafen ließ. Der allerletzte Flug, - transportierte dagegen nichts anderes mehr außer Judith, Daniel, Helga, einem frisch aufgeladenem Haupt-, sowie vier zusätzlichen ebenfalls bis zum Rand vollen Energiespeichern für die Fähre selber, nebst einer speziellen Aufladevorrichtung dafür. Diese landete Helga mittlerweile vollkommen selbstständig dort, wo sie bereits schon die ersten Speichereinheiten außerhalb jedes messbaren Energieverlustes gelagert hatten.

Nach der Aktivierung mehrerer automatischer Serviceeinrichtungen, unter anderem auch für die Möglichkeit einer Funkbrücke zum Raumschiff, - machten sie sich dann zu Fuß und mit Rucksäcken bewaffnet, auf den mehrtägigen Weg zu ihrer neuen Heimat. Irgendwelche Gefahren für die Fähre waren nicht zu erwarten. Da sich der Landeplatz bereits schon im allzu sauerstoffarmen äußeren Randbereich des Grabens befand, zumindest mit Sicherheit nicht aus Richtung eventueller Lebewesen der Schlucht. Weshalb sie aber auch die ersten Stunden des Abstiegs, noch die isolierten Thermoanzüge mit eigener Sauerstoffversorgung tragen mussten. Davon hatten sie bei einem ihrer vorherigen Flüge, sicherheitshalber auch für alle anderen ausreichend mit gebracht. Nachdem sie sich dieser endlich entledigen konnten und in die Rucksäcke gepackt hatten, wurde ihnen erst richtig bewusst, - dass die Arbeit vorerst getan war. Sie konnten sich also Zeit lassen. Nach dem Stress der letzten Wochen, genossen die drei deshalb die Ruhe der Wanderung. In einer Umgebung, die ihnen fast schon irgendwie vertraut vor kam.


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