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18.01.2012 von eb
, - Artikel
Der abgeschlossene Roman.
Lose Gedanken zu einer Buchart,
... und ein Vergleich.
Klick mich.
Nein, nein, - das hier wird jetzt kein abgeschlossener Roman. Auch wenn´s wahrscheinlich etwas länger wird. Aber man stelle sich einmal einen älteren Herrn vor, der eines Tages ganz unschuldig auf den
Gedanken kommt, sich den Abend mit einem fröhlichen Vampirroman zu versüßen.
Nun ist der gute Mann aber weitgehenden frei, von Einflüssen zeitgemäßer Dämonenaustreibung.
Will meinen, - er kennt weder entsprechende Gruselsoaps modernerem Fernsehdatums,
noch bildhafte Einflüsse durch z.B. Computerspiele oder ähnliches.
Und auf einer Gothic-Party, ward er auch noch nicht gesehen. Das letzte
Bild von einem Vampir, hatte lediglich als Dracula, durch das zeitlose Gesicht
eines Christoper Lee, irgendwo in den 60igern, Eingang in sein
Erinnerungsvermögen gefunden. Und danach, waren für ihn nur noch
andere Sparten literarischer oder medialer Auswüchse interessant.
In diesem Fall, - können wir sicher sein, dass es am detaillierten
Beschreibungsaufwand des Autors, bzw. der Autorin des Werkes seiner
jüngsten Wahl-, oder/und an der einwandfreien Deklaration des Buches
liegt, ob er lediglich einen Kulturschock erlebt, oder überhaupt nichts
von dem versteht - was er da liest. Was im letzten Fall, nicht mal
zwingend etwas mit seiner vorherigen Gruselabstinenz zu tun haben muss.
Jetzt rümpfen Science-Fiction-Fans bei Vampirgeschichten immer gerne ein wenig elitär die
Nase, denn so ein leichtes Gefühl von wissenschaftlichem Ambiente, schwelt
da immer noch im Hinterstübchen. Was jetzt auch nicht unbedingt mehr so recht
nachvollziehbar ist, denn gerade einige der bekanntesten Science-Fiction-Autoren
der letzten Jahre, zeichnen sich doch eher durch eine Art
Giganto-Technologie aus, die mehr von der eigenen Phantasie lebt, denn aufgrund von
Interpolationen momentaner wissenschaftlicher Überlegungen. Was das anfangs erwähnte Problem,
im Bereich Science-Fiction, sogar noch schlimmer gestalten kann als im Bereich der mehr
irdisch positionierten Grenzphantasien. Und wer gar nicht nachvollziehen kann
was ich anfangs sagen wollte oder es für übertrieben hält, - dem empfehle ich das Buch;
"Die Evolution der Leere" von Peter F. Hamilton. Und zwar, - ohne eine der Vorgeschichten
z.B. aus dem Umfeld der Commonwealth-Saga des Autors gelesen zu haben.
Dieses Buch ist, wie die meisten Romane, - lediglich als
Roman deklariert. Was die meisten Käufer auch als; "abgeschlossenen Roman"
interpretieren. Hinweise, dass es Teil einer Serie, bzw. eines der beliebten
selbst gebauten Gedankenuniversen heutiger Fantasie- und SF-Autoren ist,
findet man weder im oder am Buch selber, noch in der Produktbeschreibung.
So etwas wie eine; "Commonwealth-Saga" wird zwar tatsächlich erwähnt, aber in einem
Wortlaut, als wäre die so bekannt und selbstverständlich, wie der
Sonnenaufgang. Dabei ist dies sogar falsch, denn erwähntes Buch, ist der
Abschlussroman einer; "Void -Trilogie", die wie die meisten Bücher von
Hamilton, auf die vorhergehenden Serien aufbauen. Dass dazwischen, mal
eben so, 1000 Jahre und mehr Differenz liegen, erwähne ich nur am Rande.
Jedenfalls trifft man dann im Buch auf eine Abfolge von kurzen, hastig wechselnden,
heftig unterschiedlichen, und mitunter sogar unabhängigen Handlungssträngen,
die auch auf Vorgeschichten, Namen und Schlagworte, weit vor erwähnter
Trilogie des Autors aufbauen.
Deren Kauf der, offensichtlich, für selbstverständlich hielt.
Kurzum, - für jemanden der Hamiltons Geschichtenuniversum mag und ständig am
Ball geblieben ist, wäre es zwar ausgesprochen wilder, aber eigentlich doch guter Lesestoff.
Wobei die lesende Mitverfolgung solcher Autorenuniversen, über mehrere Werke
hinweg, aber nicht zwingend helfen muss. Denn nicht selten, liegen Jahre
zwischen den einzelnen Romanen. Was auch viele Erinnerungen an den Inhalt,
leider ins Tal des Vergessens befördert. Und wenn der Autor dann
Einleitungen, Gedankenstützen oder nochmalige Umfeldbeschreibungen für unnötig hält,
steht mancher Leser vor dem gleichen Problem, welches jeder Zeitreisende hat,
wenn er 1500 Jahre in der Zukunft, - versucht die technisch weiterentwickelte
Zahnbürste zu benutzen. Jedenfalls musste auch ich, der Hamiltons
Gedankenwelten eigentlich mag, doch erst mal wieder krampfhaft
eine dunkle Festung und MorningLightMountain im Gedächtnis zusammen kramen,
bis ich überhaupt wieder einen Einstieg finden konnte. Da war aber
schon ein Drittel des Buches rum, während dessen Lesens, ich mühsam
versucht hatte, das Geschehen irgendwie noch nachvollziehen zu können.
Was ehrlich gesagt, - auch überhaupt keinen Spaß gemacht hat.
Zugegeben, - über Hamilton kann man sich sowieso streiten und ist
als Beispiel, vielleicht eher ein Extrem. Er ist nicht nur ein extremer Vielschreiber
in Sachen Space-Opera, sondern quasi auch ein Paradebeispiel, für die parallele
Behandlung von reiner Fantasie und SF. Leichter Stoff ist es genauso wenig,
wie entspannend. Ich muss sogar zugeben, dass ich noch nie ein Buch
von ihm in einem Zug durchgelesen-, sondern zwischendurch immer mal
wieder die Lust verloren-, und ein anderes Buch dazwischen geschoben habe.
Was, bis auf den Umstand, dass er mittlerweile dazu neigt seine Leser anscheinend nicht
mehr mitnehmen zu wollen, jetzt keine Kritik am Autor bedeuten soll.
Dass er damit nämlich eigentlich gar keine Schwierigkeiten haben müsste,
zeigen nicht nur frühere Bücher, sondern auch im erwähnten, - innerhalb
der mitunter irren Spektakel an technischen Fantasien und Handlungen, - wunderschöne und
detailliert beschriebene Stimmungsbilder, die komplett ohne die
Rahmenhandlung leben könnten.
Aber ich wollte ihn auch nur als mögliches Beispiel für
ein Problem missbrauchen, was gar nicht so selten ist. Im Zeichen von
sparten-bedingten Phantasiewelten, zumindest raumfahrender,
Schwarze-Löcher-benutzender
oder sonstiger Autoren mit Schnittstelle zum Jenseits, gewinnt man mitunter den Eindruck,
dass der abgeschlossene Roman, auf seltsame Weise, ein wenig unter die Serienräder gekommen ist.
Was jetzt auch nicht unbedingt ein Problem darstellen muss. Dass man aus
einer Geschichte auch ein ganzes Universum basteln kann, ist spätestens seit
Star-Trek, fürwahr nichts neues. Und die durch Hamilton wiederbelebte
Space-Opera, hat schon bezüglich des Genres, diesbezüglich ganz spezielle Probleme.
Nur, - wenn man dies auf mehrere Bücher verteilt, muss jetzt nicht jeder automatisch
erwarten, dass die Fan-Gemeinde davon so groß ist, dass sich jeder noch
an Details aus dem ersten Buch erinnert, welches dann im fünften oder
sechsten, plötzlich als Selbstverständlichkeit mal eben so unerklärt
mitmischt. Selbst so ultimative Kultsachen wie. z.B. Harry Potter,
versuchen doch immer noch, diesbezüglich keine Überforderung
herauf zu beschwören. Und wenn es sich überhaupt nicht vermeiden lässt,
sollten die entsprechenden Bücher dann doch, wenigstens eindeutig als
Bestandteil einer Serie gekennzeichnet sein. Und dies, möglichst im Angebot bzw. der Beschreibung.
An diesem Punkt, sei nochmals darauf hingewiesen, wie irritierend es z.B. für einen
unbedarften Leser sein kann, der mal einen Hamilton ausprobieren möchte, - und
in einer Rezension dann von einem vollkommen begeisterten Fan diesen
Spruch;
"solides Handwerk" liest, - sich das Buch aufgrund dessen kauft, - und dann
nichts daraus versteht.
Für den Autor selber, - ist das ganz üble Werbung. Wobei hierzu fairerweise
erwähnt werden muss, dass mit einer eindeutigen Beschreibung der
Serienzugehörigkeit in der Buchbeschreibung, gar kein Problem auftauchen
müsste. Diesbezüglich, sieht es aber flächendeckend geradezu grottenschlecht aus.
Was nicht dazu führen sollte, die Schuld alleine auf die Händler abzuwälzen. Denn selbst
für diejenigen, welche sich eine komplette Serie zusammenkaufen möchten,
ist mitunter die Arbeit nicht gerade gering, sich die Bestandteile davon,
sowie ihre Reihenfolge, - mal aus Hinweisen, mal aus dem Buchinneren,
Autorenbeschreibungen oder sonstigem, nicht selten sogar zusammen raten zu müssen.
Ich vertrete die Ansicht, dass hier Autoren und Verlage gemeinsam, beim möglichen
Käufer, nicht unbedingt zwingend aufwändiges Selbstengagement oder gar Telepathie
erwarten sollten. Diesbezüglich, kann man sich mitunter nicht des Eindrucks
erwehren, dass ausnahmslos alle, unbewusst einen abgeschlossenen
Roman im Auge haben, der dies aber nun mal nicht ist. Wie bereits erwähnt, - das
Beispiel Hamilton ist das andere Ende einer Fahnenstange, welche aufgrund
der Phantasiefülle und daraus resultierender Multikomplexität und Dimensionalität
eines Genres, wahrscheinlich vom Seriencharakter bereits abhängig ist und
auch eine entsprechende Genre-Geschichte besitzt.
Ob dies dazu führen muss, dass ein Autor seine Leser vergisst, bzw. sich auf deren
Gedächtnis verlässt, sei mal dahin gestellt. Dabei wenigstens bei der gerade aktuellen
Serie zu bleiben, wäre zumindest wünschenswert. Altmeister der Space-Opera,
wie z.b. Frank Herbert, und auch neuere Vertreter, wie etwa Dan Simmons, zeigen
mehr als eindrucksvoll, - wie das gehen kann. Und die Jugendserie; "Das
Marsprojekt" von Andreas Eschbach, beweist auf wirklich schöne Weise, wie man auch
ohne entsprechende Buchbeschreibung, einfach durch zusätzliche Angabe der
Serienzugehörigkeit auf dem Buchdeckel, Käufer sinnvoll vor Blindkäufen
schützen kann, die dann negativ auf den Autor zurückfallen könnten.
Ein generell polares Gegenbeispiel für einen anderen Umgang mit Gedankenuniversen,
bietet uns z.B. Jack McDevitt. Dieser amerikanische SF-Autor aus dem
speziellen Genre des Archäo-SF-Krimis, (gerne auch als Xeno-Archäologie
bezeichnet), wird ebenfalls des öfteren in der Space-Opera verortet und bearbeitet neben Einzelromanen,
ein ausgesprochen interessantes galaktisches Umfeld der bescheideneren Art.
Welches weder an allen Ecken und Enden von Aliens übervölkert ist, - noch
eine menschliche Expansion im ultimativen phantastischen Techno- oder Bewusstseinshype
enden lässt. Es ist, schlicht und einfach gesagt, - sparsamer ausgelegt.
Und auch frei, von im kosmischen Theater üblichen beliebten Spiritualismen, die mitunter
sogar schwer techno-esoterisch beladen sind. Kernpunkt seiner Gedankenwelt,
ist eine zwar weitflächig kolonialisierende, aber mehr stagnierende Menscheit,
welche Schwierigkeiten mit dem galaktischen Alleinsein und dem sparsamen
Auftreten extraterresstrischer Lebensformen hat.
Darin, trennt er noch zusätzlich, sauber zwischen den zwei Lebenswelten bestimmter
Protagonisten und jeweils einer diesbezüglichen Reihe von Romanen.
Auf der einen Seite wären die Abenteuer von Priscilla Hutchins zu nennen,
welche sich über eine Serie von sechs Romanen erstreckt. Und auf der anderen,
der Antiquitätenhändler Alex Benedict und seine Mitarbeiterin Chase Kolpath,
mit mittlerweile ebenfalls sechs Büchern.
Jack McDevitt wird manchmal leichtfertig, negativ als leichte Kost bezeichnet.
Er ist auf jeden Fall leichter zu lesen als Hamilton, aber den negativen Sinn
dabei, finde ich nicht nur unfair, sondern auch unüberlegt. Denn gemessen
an dem, was man zur Zeit im SF so als schwere Kost bezeichnet, würde dies
einer Niveauisierung zugunsten ungezügelter Phantasien ohne
verwendbare Aussage- oder Identifikationsmöglichkeit entsprechen.
Zudem würde ich eher sagen, - es wirkt bei ihm einfach leicht.
Wenn man nämlich z.B. gerade das sprühende Laufen-lassen der Gedanken eines Hamiltons
damit vergleicht, gewinnt man eher den Eindruck eines sehr disziplinierten
und hyper-ordentlichen Autors, der seine Geschichten konstruktiv durchdenkt,
und auch einfach nicht überladen will. Was dem Leser ermöglicht, sich
entspannend auf detailliert beschriebene, gute und nachvollziehbare
Ideen zu konzentrieren und auch als Unterhaltung zu genießen, - statt
im Stakkato der wilden Phantasie eines anderen unter zugehen. Manchmal,
- ist weniger einfach mehr. Weshalb fairere Leser, Jack McDevitt treffender,
eher als "leisen" SF-Autor beschreiben. Und dies auf eine
sehr angenehme Art. Aber das wirklich interessante daran ist, dass jeder
einzelne seiner Romane, trotz teilweisem zusammenhängendem
Erzählstrom über mehrere Bücher hinweg, - ganz für sich alleine stehend,
und ohne jede Probleme, auch als abgeschlossener Einzelroman gelesen werden kann.
Und wenn man einmal damit anfängt, will man auch den Rest lesen. Zumindest empfinde ich es
nach einem Hamilton, - als echten Lesegenuss. Die Evolution der Leere, habe ich dagegen, etwa nach der halben Evolution, erst mal wieder der Leere übergeben. Vielleicht werde ich die, - später wieder füllen.
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