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11.03.2012 von eb
, - Artikel
Vom kollektiven Lichtsmog.
Die leicht überspitzten Gedanken eines Lichtgeschädigten, - oder auch ...
eine mitfühlende Hommage an die Sucher, - nach in Lichtfluten untergehenden Geheimnissen.
Klick macht dick.
Neben dem kollektiven Greifen zu den Waffen, Bibeln, Ziegelsteinen,
dem Aufhängen bzw. Teeren und Federn vermeintlicher Bösewichter oder
Nachstöhnen von; "Wir sind Bild-Zeitung"- Schlachtrufen, gibt es durchaus
auch harmlosere und sogar sympathischere, aber auch absolut nervige Varianten
des gemeinsamen Handelns aufgrund eines Auslösers oder Startschusses.
In manchen Kleinstraßen Süddeutschlands zum Beispiel,
braucht lediglich jemand am Samstagmorgen als erster aufzustehen und vor seiner Behausung
die Straße zu kehren, - und er kann sicher sein, dass spätestens innerhalb
der nächsten halben Stunde, der gesamte Straßenzug fleißig den Besen
schwingt. Destruktive Elemente wie unsereiner zum Beispiel, können da mitunter
ganz schön Traditionsschädigend sein. Alternativen mit pädagogischem
Hintergrund, aufgrund der Weisheit, dass Tradition bedeutet das Feuer weiterzugeben,
finden jedoch leider auch beim Nachwuchs nur lustlose Erwiderungen wie, ...
"aber nicht die Asche". Womit man dann, in der Regel, mit den fragend hochgezogenen
Augenbrauen des fleißigen Reinigungswillens der Nachbarschaft weiter leben lernen muss.
Ein anderes, allerdings viel komplizierteres Ritual, ist das kollektive
Licht an-, beziehungsweise ausschalten, zum Beispiel beim Autofahren.
Normalerweise sollte
man meinen, dass bei hellem Tageslicht ab 5000 Lux aufwärts, auch das
nachtblindeste Auge auf die Scheinwerfer der anderen genauso verzichten
kann, wie es dem Scheinwerferinhaber selber, irgendeinen Nutzen bereiten
könnte. Weit gefehlt. Nach Vollendung des Tagesanbruchs oder Beendigung sonstiger
Verfinsterungen, (Regen, heftige Bewölkung, Schneesturm etc. ), misst man
die Anzahl der zusätzlichen Lichthupen, welche einen darauf aufmerksam
machen, dass man das Licht aus hat, nicht in Lumen pro Quadratmeter,
sondern am quantitativen Auftauchen von im Moment noch angeschalteten
Scheinwerfern. Nicht selten passiert es dabei, dass beim Blick in
den Rückspiel, die freundliche Lichthupe plötzlich selber die
Gesamtbeleuchtung ausschaltet. Diese Form der Kommunikation, steht
dann stellvertretend für den Satz; "Ohh, - ist ja wirklich nicht
mehr nötig." Solcherlei freudsche Versprecher per Lichtsignale,
empfindet unsereins nun wieder liebenswert. Und sprechen immerhin
auch für geistige Teilnahme am aktuellen Leben. Etwas beharrlicher,
sind da die berühmten Lehrmeister des Straßenverkehrs, die einem
später am Parkplatz dann nochmals unbedingt darauf hinweisen müssen,
dass man mit eingeschaltetem Licht einfach besser sichtbar sei.
Wobei sich natürlich die Frage aufdrängt, woher den dann die
plötzliche Konzentration auf Einzelne, in der Masse der Lichter
inmitten des Lichts her rührt? Was unsereiner jetzt aber auch nicht
unbedingt allzu schlimm findet. Denn mit Sicherheit wird es ein
paar Verrückte geben, die wieder mal eine entsprechende Studie oder
Statistik basteln wollen, - und das dann nachts ausprobieren.
Da sind solche Dauerbeleuchter, vielleicht gar nicht mal so unnütz.
Weitaus spannender, aber leider auch fieser, wird die Geschichte
erst so richtig bei Sonnenschein. Bei Temperaturen über 20000 Lux im Hochsommer,
wenn die Autobahn vor einem den Wüstenlandschaften alter Western
mit verdurstenden Cowboys immer ähnlicher wird, die Luft flirrend
über dem Asphalt hängt und am Horizont bereits die erste Fata Morgana
auftaucht. Hier gab es anfangs mal die sinnvolle Überlegung, doch
gerade Motorradfahrer dazu auf zu muntern, einfach das Licht an zu machen,
um sich im übrigen Blendwerk und verzerrenden Effekten im Bereich der berühmten zwei Meter oberhalb der Asphaltdecke, noch optisch vom übrigen motorisierten Volk
unterscheiden zu lassen. Eine wirklich mehr als sinnvolle Überlegung.
Doch solcherlei lebensrettende Bevorzugungen, verträgt der durchschnittliche
Vier- oder Mehrradfahrer aber nun mal gar nicht. Wo kämen wir da hin,
wenn man zwei Räder schneller sehen würde, als die eigene Herrlichkeit im
Familienpanzer, Sportwagen oder gar im Truck. Was dazu geführt hat,
dass jetzt so gut wie alles, die Lampen im hellsten Sonnenschein
anmacht, den man sich nur vorstellen kann. Dass man dabei die
Rückbeleuchtung allzu oft nicht mehr von der Bremsbeleuchtung
unterscheiden kann, interessiert da eher weniger. Ebenfalls,
scheint sich ausgerechnet bei Tageslicht, keiner mehr Gedanken
darüber zu machen, ob nun das Abblend- oder Fernlicht an ist.
Dass der Quadratmeter, in dem die 1000 zusätzliche Lumen gerade
blendend ihre Herrlichkeit preisen, ein paar andere Augen beinhaltet,
wird dann merkwürdigerweise wieder furios damit erklärt, dass
dies ja im hellen Tageslicht untergehen würde. Doppelte
Desensibilisierung von vorne, die dann an der Heckseite ihre
Wirkung zeigt. Aber Hauptsache, es leuchtet.
Und kollektive Automatismen, beinhalten immer einen unbewussten
Handlungszwang aufgrund von symbolischen Markern als Auslöser.
So wie in Schwabens Dorfstraßen nur Samstag sein- und einer
als erster den Besen in die Hand nehmen muss, braucht auf Deutschlands
Autobahnen mittlerweile lediglich die Sonne zu scheinen und einer
das Licht an zu machen. Und schon hat man zwei herrliche zusätzliche
Lichterketten, - bis zum Horizont. Der perfekte Regelkreis mit
Schalter. Und wer da nicht mitmacht,
kann sicher sein, der sicherste von allen zu sein. Der fällt
nämlich dann wirklich auf. Diesbezügliche Studien, stehen aber meines
Erachtens noch aus.
Doch Licht spielt nicht nur bei motorisierten Gruppenzwängen
eine Rolle. Ganz im Gegenteil. Licht, - ist zur Zeit der Hype
schlechthin. Während es bei einem Astronomen
vollkommen reicht, sich neben ihm eine Zigarette anzuzünden,
um Prügel zu erhalten, bewegt sich die übrige Toleranzschiene
bezüglich gesamt-flächigem Installierens und Anschaltens von Lichtern,
- in Richtung unendlich. Das durchschnittliche Reihenhaus
einer durchschnittlichen Kleinstraße in einer durchschnittlichen
Kleinstadt, muss minimum eine beleuchtete Hausnummer, nachleuchtende
Gartenbeleuchtung, hintergrundbeleuchtete Topfpflanzen,
Bodenbeleuchtung des Gartenteiches,
Innenbeleuchtung der Satellitenschüssel oder Hecken, Signallampen für
den Flugverkehr am Kamin, und einen Bewegungsmelder mit
Vollausleuchtung der Eingangstüre aufweisen. Auf die sinnvolle
Beleuchtung der Klingel, kann man da mittlerweile
fast verzichten. Was die Hausnummernbeleuchtung soll, frag
ich mich ebenfalls, denn nicht selten, reicht simples
Durchschreiten einer Straße, um Haus für Haus, einen Bewegungsmelder
auf Trab zu bringen. Mit ein paar schnellen Läufern mal
ein Lichtkonzert im bürgerlichen Eigenheimmilieu zu veranstalten,
wäre eine interessante Idee für Aktionskünstler. Und sobald
irgendjemand in einem Baumarkt einen neuen Gig entdeckt, um
seine Hütte noch mehr in Licht zu baden, vergehen keine zwei
Wochen, - und der Gig ist Standard.
Glücklich ist der, - der nach Einbruch des Tages, sich noch
mit einem Frühstück am eigenen Wohnungsfenster, die im schlechtesten Fall
letzte halbe Stunde entspannendes und beruhigendes echtes Tageslicht
gönnen darf, - die er diesen Tag noch sehen wird. In der Regel,
brennt da aber immer noch die Raumbeleuchtung zum Erhellen der
längst beendeten vorherigen Dunkelheit. Danach, geht´s bei vielen
mit der fahrbaren H4-Stadionbeleuchtung durch anfangs beschriebene
Autofahrersituationen zur Arbeit. Wobei das Gold im Mund der
Morgenstund, aber evtl. auch noch zu sichten ist, - bevor dann,
- selbst noch bei den eher nicht voll klimatisierten Arbeitsbiotopen, - also
die mit echten Fenstern an den Wänden, und selbst noch
beim schönsten Sonnenschein draußen, ganze Batterien an
Leuchtstofflampen von der Decke aus, auch wirklich jeden
Quadratzentimeter von möglichen hässlichen Schattenbildungen reinigen.
Die Situation am Abend, ist abhängig von Jahreszeit, Arbeitszeit
und Überstunden. Im Sommer, gibt es immerhin noch die glücklichen
Restzeiten, wo man den Pupillen, die sich den ganzen Tag lang keinen
Millimeter vergrößern mussten, noch ein wenig Training aufgrund
unterschiedlicher Lichtverhältnisse inklusive eines sanftes
Überganges in die Twilight-Zone gönnen kann. Im Winter, oder
generell bei Überstunden-gequälten, leisten die erschlafften
Augenmuskeln, von null auf hundert, plötzlich Schwerstarbeit
beim Verlassen der üblichen Lichtsärge. Eine Wirkung, die
besonders lustig wird, wenn bei der folgenden Heimfahrt,
das Fernlicht eines anderen vergessen wurde ab zu blenden.
Doch auch wenn einem solcherlei unbedachte Lichtverwalter
Sprit-fressender Lichtmaschinen unterwegs nicht begegnen,
ziehen sich die, zwecks ungewohnter Dunkelheit mittlerweile weit
aufgerissenen Pupillen spätestens dann wieder schmerzhaft zusammen,
wenn entweder die heimische Lightshow erreicht wurde,
oder man zwecks Besorgens von beleuchteten Kühlschrankinhalten, sich
für diesen Tag nun endgültig das ultimative Kunstlichtbad
geben möchte. Innenstädte, Fußgängerzonen und ganz besonders
die vom Flair einer Raumstation lebenden Einkaufspassagen,
sind quasi Lichtmixmaschinen vom Feinsten. Hier bemüht sich
auch wirklich jede erdenkliche Form einer Kunstlichtquelle, in
kollektiver Eintracht mit allen anderen Leuchtobjekten, Photonen in den
Raum zu schleudern und die Netzhäute menschlicher Wesen damit
zu bombardieren. Neon, Karbid, Halogen, Xenon, Led, Lcd, Juchee,
und auch wirklich jede sonstige erdenkliche Licht- und Farbwiedergabe
irgendeiner Leuchtstoff- oder sonstigen Röhre, Lampe, Stabs, bzw. Monitors,
Displays, Werbeanlage, Schaufensters findet auf jeden Fall seinen
optischen Weg zum Grillen von Rezeptoren und Synapsen. Ob hier
der Gebrauch einer Sonnenbrille angeraten ist, wäre vielleicht
zu überlegen. Mittlerweile, sehen jedenfalls nachts auch die Kleinstädte,
- von der Ferne aus, - wie Las-Vegas für Landeier. Die Frage, ob da so etwas wie
ein kollektiver Heimatwille vorhanden ist unbedingt auch aus dem Weltall
wahrgenommen zu werden, wird sich wahrscheinlich erst dann stellen,
wenn dieser Planet, - auch ganz ohne Sonne, ausreichen wird den Mond zu beleuchten.
Aber jede neue Welt, fordert ihre Opfer. Und auch die schöne neue
Welt der ultimativen Beleuchtung, hat ihre schwarzen Flecken
auf der hintergrundbeleuchteten Weste. Die äußerst
friedliebende Spezies der Sterngucker, gehört wohl zu den
Verlierern dieses, - nur bedingt sinnvollen, aber hoch-aggressivem Verschleuderns
von Energie. Jedenfalls herrscht mittlerweile bei diesen liebenswerten
Geschöpfen, - welche man des Nachts anhand eines nach oben
gerichteten Gesichtes, bzw. Transportierens oder Benutzens
merkwürdiger optischer Instrumente, leicht von den Lichtgestalten
unterscheiden kann, - neben allgemeiner Untergangsstimmung,
eine Art Südseesyndrom der ganz besonderen Art. Der Wunsch nach
dem ultimativ dunkelsten Ort auf Gottes Planeten, - mit freier Sicht in den Himmel.
Fernab von jeder Zivilisation, - so weit wie möglich weg, von der
nächsten Möglichkeit eine Lampe an zu schalten.
Da, - wo kein irdisches Photönchen, sich auf Netzhäute oder in
Teleskoptuben verirren könnte. Wo der grandiose Sternenhimmel,
mit seinen unzähligen, etwas weiter entfernten Lichtobjekten,
nicht durch heimische Restlichtfluten und Streustrahlgewitter,
im irdischen Lichtsumpf verschwindet. Wo keinerlei Mitmenschen, nach
stundenlanger Adaption an die Dunkelheit, zur Sensibilisierung
auch auf die feinsten Lichtschleier im Teleskopspiegel, - plötzlich
die Terrassenbeleuchtung einschalten und fröhlich meinen, -
"Oh, - das interessiert mich aber auch". Dort, - wo kein Auto auf
weiter einsamer Flur, mit Vollbeleuchtung anhält und bei laufender
Lichtmaschine, auch mal durchs Rohr schauen will. Dort, - wo
keiner sagt; "Mach doch mal das Licht an, - du siehst ja gar nichts."
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